Samstag, 29. September 2012

FOTOS

Hier endlich die ersten Fotos von meinem Zuhause und der Umgebung. Tut mir echt leid, dass das so lange gedauert hat, aber ich hab völlig vergessen, Fotos zu machen!

Mein Schulweg: morgens bergab, nachmittags bergauf
 

 
Der Blick aus meinem Fenster
 

Unser "Vorgarten"
 

Die zwei Jagdhunde: Eppu und Minka
 

So was sieht man hier oft: ein Weg, der in den
Wald fuehrt
 


Das wunderschöne, alte Mökki von unseren
Nachbarn
 


 

Rueckblick

Es sind jetzt fast schon zwei Monate vergangen.
Zwei Monate... so lange war ich bis jetzt noch nie von Zuhause weg. Zwei Monate, das ist so viel Zeit, gleichzeitig aber auch wieder so wenig.
Es war echt erschreckend, als meine Gastmama nach einem Monat zu mir gesagt hat: "Jetzt sind es nur noch zehn Monate und dann gehst du wieder weg." Ich dachte nur: NEEEEEIN! Ich will nicht weg! So wenig nur noch?!
Denn nach einem Monat habe ich langsam gemerkt, dass ich hier heimisch werde und mich wie zu Hause fuehle. Davor war ich nicht mehr richtig in Berlin, es war schon zu weit weg, aber ich war auch noch nicht richtig in Finnland angekommen. Irgendwo dazwischen...
Doch jetzt spuere ich dieses Gefuehl, dass man hat, wenn man zu Hause ist. Ich kann nicht beschreiben, wie sich das anfuehlt. Hoffentlich wisst ihr, was ich meine.

Doch wie genau sieht mein neues Zuhause hier aus? Ich habe darueber noch gar nichts geschrieben, dabei ist es das, was euch am meisten interessiert, so habe ich jedenfalls das Gefuehl.
Ich kann nicht genau sagen, ob das Leben hier anders ist. Ja, natuerlich, auf jeden Fall, aber ich wuerde es nicht "anders" nennen, eher "neu".
Wir sind viel draussen. Als es noch wärmer war, haben wir fast jeden Tag im Wald Beeren gepflueckt und Volleyball oder Fussbal gespielt. Als noch Sommer war (die ersten zwei, drei Wochen) haben wir natuerlich auch fleissig die letzten Erdbeeren gepflueckt! Jetzt ist es kälter geworden (meistens zwischen 5 und 10 Grad), doch die Kälte schreckt nicht davon ab, joggen zu gehen, Inliner zu fahren (das lieben die hier!) oder mit den Hunden im Wald spazieren zu gehen.
Da es hier schlecht aussieht mit Hobbies und Freizeitaktivitäten, habe ich viel Zeit zum Lesen, Klavierspielen, Sockenstricken und Sportmachen. Ich muss mindestens einmal am Tag draussen sein, sonst fuehle ich mich wie ein mit abgestandener, warmer Luft aufgepusteter Luftballon, der verschrumpelt in der Ecke liegt.
Das Leben hier in einer so grossen Familie ist jetzt auch nicht so extrem anders. Um die ganze Wäsche kuemmert sich meine Gastmama und wenn sie zu Hause ist, kocht sie auch, wenn wir von der Schule kommen. Wenn sie auf Arbeit ist, kocht eines der Kinder. Und dadurch, dass die Finnen mehrmals am Tag warm essen, brauchen wir auch nicht so riesige Portionen zu kochen. Mit dem Geschirr regeln wir das hier so: jeden Tag ist ein anderer an der Reihe, der alles in den Geschirrspueler räumt, den Geschirrspueler anschmeisst und ihn wieder ausräumt.
Am Wochenende machen wir meistens sauber. Jeder kriegt einen Raum zugeteilt, den er putzen muss und in einer Stunde ist das Haus wieder sauber.
 Alles viel weniger kompliziert, als ich mir das vorher vorgestellt habe.
Jeden Abend gehen wir in die Sauna, aber das in Etappen. Zuerst gehen die kleinen Geschwister, dann die Jungs und meistens gehen meine grossen Schwestern und ich als letzte in die Sauna. Danach sitzen wir draussen auf der Bank, geniessen die Stille, schauen in die Sterne... ich liebe Sauna!!


Schule beginnt hier um kurz vor neun. Wir stehen halb sieben auf, essen Fruestueck und fahren halb acht mit den Fahrrädern zur Bushaltestelle (ist nur 1km). Der Bus braucht eine Stunde zur Schule. Erst sammelt er alle Kinder (Grundschule und Gymnasium) ein und setzt sie in Pyhäntä ab und dann fährt er nach Pulkkila zur Oberschule.
Ich verstehe die Stundenverteilung immer noch nicht richtig. Die erste Stunde sind zwei Stunden ohne Pause und nach der dritten (oder zweiten) Stunde ist Mittagspause, um elf bis halb zwölf. Dann haben wir noch vier weitere Stunden oder Freistunden und um 15.00 fährt der Bus wieder nach Hause. Manchmal kann ich mit meinem grossen Bruder mit dem Auto nach Hause fahren, wenn er auch frueher Schluss hat, aber meistens warten wir auf den Bus. In der Zeit spielen wir Volleyball, sitzen auf den Sofas und reden oder sind an den Computern. Ich bin gewöhnlich zwischen vier und halb fuenf zu Hause, wo es dann gleich das zweite Mittagessen gibt.

Im ersten Jakso hatte ich fast keine Hausaufgaben auf. Ich habe ja nichts im Unterricht verstanden und die Lehrer sind auch nicht auf die Idee gekommen, irgendetwas auf Englisch zu uebersetzen. Es war zum Teil ziemlich langweilig in den Stunden, weil ich nichts zu tun hatte, aber auch nichts verstanden habe. Ich sass meistens mit einem Wörterbuch da, hab auf die PowerPoint Präsentation gestarrt (das ist hier die beliebteste Art zu unterrichten: eine PowerPoint und der Lehrer steht vorne und redet) und die Wörter uebersetzt. Zudem waren meine Fächer im ersten Jakso auch noch Gesundheitslehre, Psychologie und Mathe... also sprachlich schwere Fächer fuer Leute, die kein Finnisch verstehen. In Mathe hat der Lehrer nämlich auch die ganze Zeit nur geredet. Deshalb hab ich mir das Mathebuch genommen und im Unterricht einfach irgendwelche Aufgaben gerechnet. Doch Gesundheitslehre und Psychologie waren, wenn ich ehrlich bin, schon ziemlich langweilig und zäh.

Doch jetzt hat ein neues Jakso angefangen und meine Kurse sind Geschichte, Englisch, Finnisch und Deutsch! Viiiiiel besser und jetzt verstehe ich ja auch schon mehr im Unterricht und kann mitreden oder eher gesagt mitdenken. Und jetzt sind die Leute auch viel offener!
Es war am Anfang nämlich sehr schwer, immer wieder auf die Leute zuzugehen, Fragen zu stellen, zu reden. Irgendwann sind mir die Fragen ausgegangen und es war sehr schwer, trotzdem immer wieder den Motor anzuschmeissen und zu reden. Doch die Muehe hat sich gelohnt, denn jetzt sieht es GANZ anders aus! Jetzt fragen die Leute, sie fangen an, von sich zu erzählen und machen Witze. Ich bin immer uebergluecklich, wenn ich meine Freunde im Bus oder in der Schule sehe, denn wir hatten eine so schwere und zähe Zeit am Anfang... Doch wie gesagt: es wird immer besser!

Okay, aber jetzt genug geredet. Liebste Gruesse aus Finnland!

Montag, 24. September 2012

koeviikko

Letzte Woche war die grosse Testwoche - koeviikko.
Im Laufe jeder Periode schreibt man nur kleine Tests, die grossen Arbeiten (Klassenarbeiten oder Klausuren bei uns in Deutschland) werden am Ende jeder Periode in der koeviikko geschrieben; das heisst aber auch, dass man den gesamten Stoff der letzten sechs Wochen lernen muss. Die koeviikko ist eine Woche, in der man jeden Tag in jedem Kurs eine Arbeit schreibt (ausser Musik und Sport und Kunst) und einen Tag vor der entsprechenden Arbeit hat man noch mal zwei Pflichtstunden in dem jeweiligen Fach.
Man hat maximal 3 Stunden Zeit fuer die Arbeit, aber erst nach anderthalb Stunden darf man die Arbeit abgeben und aus dem Klassenraum gehen.

Die koeviikko hat fuer manche schon am Freitag (15.09.) angefangen. Ich habe "nur" drei Arbeiten geschrieben: in Gesundheitslehre, Mathe und Psychologie. Zum Glueck hatte ich von allen Arbeiten eine finnische und eine englische Version und ein Wörterbuch dabei.
Es ist voll komisch: die Arbeiten muessen auf einem bestimmtem koepaperi geschrieben werden und kein anderes ist zugelassen. Das koepaperi ist eine zusammengefaltete A3 Seite mit extragrossen Kästchen.

Meine erste Arbeit war in Gesundheitslehre. Bei den meisten Aufgaben musste ich Begriffe erklären, z.Bsp. sagen, wozu Schlafmangel fuehren kann und wozu wir Kohlehydrate, Proteine und Fette brauchen. Es ging bunt durchmischt durch die Themen Essen, Schlafen, Sport, Erste Hilfe und Krankheiten. Ich habs geschafft und ALLES in finnisch geschrieben, meine ganze Arbeit in finnisch! Aber es wurde auch die "schlechteste": eine 6-
Ich muss aber ehrlich sagen, dass ich mich null auf diese Arbeit vorbereitet habe... :D

Das Notensystem hier ist ein bisschen anders: das beste ist eine 10 und mit einer 5 hat man gerade so bestanden.

Die nächste Arbeit war Mathe. Am Abend davor bin ich noch mal die ganzen Aufgaben durchgegangen und hab mir im Buch die Beispiele angesehen. An sich war die Arbeit einfach: proportionale und antiproportionale Zuordnungen, Potenzen und Wurzeln, Gleichungen und Prozentrechnung. Ich habe in der Arbeit eine 7,5 bekommen und fuer den ganzen Kurs eine 8.

Die letzte Arbeit war fuer mich am Donnerstag in Psychologie und hier habe ich mich wirklich am Abend davor hingesetzt und mich durch Wikipedia geklickt, um wenigstens ein bisschen bescheid zu wissen. Denn was hilft es mir, wenn ich auf Englisch schreiben kann, wenn ich nicht weiss, WAS ich hinschreiben soll. Ich habe wirklich die ganze Arbeit auf Englisch geschrieben (sechs Definitionen und einen Aufsatz), meine Muehe hat sich aber gelohnt: ich habe 11 von 15 Punkten bekommen. Jetzt muss ich noch einen psychologischen Test entwerfen (keine Ahnung, wie ich das machen soll!!) und wenn ich den abgegeben habe, bekomme ich meine endgueltige Note.

Meine Freundin hatte die geniale Idee, dass wir, wenn die Arbeiten vorbei sind, alle zusammen Essen gehen und das haben wir auch getan. Es war ein winziges Restaurant. Das erste, was ich bis jetzt gesehen habe. Wir waren die einzigen Gäste, aber es war trotzdem echt schön. Wir wollen das jetzt immer machen, wenn die Testwoche vorbei ist.... ihr könnt euch sicher denken, dass ich mich schon wie wild auf die nächste koeviikko freue. ;)

Jetzt hat ein neues Jakso begonnen und es ist gleich viiiiiiiiel besser, denn ich habe Englisch und Deutsch. Endlich kann ich mal was verstehen und im Unterricht mitarbeiten!

 
 
   Festmahl nach der koeviikko: Hamburger,
   Pommes und Putensalat, mmmhh!
 

Unser Zimmer nach der koeviikko.
Meine Schwester hatte ja schon ein
bisschen mehr Stress als ich... :D

Freitag, 14. September 2012

ERBSENSUPPE

Unglaublich: heute gab es endlich mal Erbsensuppe!!!
Haha, okey, lasst mich die Begeisterung erklären...
Ich habe vor meiner Abreise ein sehr witziges und empfehlenswertes Buch gelesen (Die spinnen, die Finnen). Das Buch ist eine Art Autobiografie, denn der Autor ist Deutscher, hat aber eine finnische Frau und lebt in Finnland. Er fuehlt sich nicht wie ein richtiger Finne und stellt deshalb eine Sieben-Punkte-Liste auf, was er alles machen muss, um ein echter Finne zu werden. Dabei erzählt er viel ueber Finnland, finnische Kultur und finnische Gewohnheiten. 
Auf dieser Liste steht unter anderem: sich donnerstags auf Erbsensuppe freuen. Es ist anscheinend jeder Finne ein Fanatiker von Erbsensuppe an Donnerstagen... doch als ich hierher kam: weit und breit keine Erbsensuppe und ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, doch was stand heute auf dem Mittagstisch, als wir von der Schule nach Hause kamen?! 
ERBSENSUPPE!!!!!! :D
Und die hat echt lecker geschmeckt (obwohl heute Freitag ist...).
Das war's von heute, bald kommt ein Bericht ueber meine erste Testwoche hier in Finnland, die ist nämlich nächste Woche.




Montag, 10. September 2012

yökoulu - nachtschule

Normalerweise geht man freitags, nachdem die letzte Stunde vorbei ist, nach Hause und packt sich auf die Couch und denkt: zum Glueck ist jetzt Wochenende.
Doch am 7.9. war das anders. Alle kamen mit Schlafsäcken und Isomatten zur Schule, meine Klasse musste sogar noch Sportzeug mitnehmen, weil wir Sport hatten.
Nach der letzten Stunde blieben wir in der Schule, weil yökoulu war, uebersetzt so viel wie Nachtschule, mir fällt gerade kein besseres Wort dafuer ein.
Es fing ein bisschen langweilig an, wir hörten einen Vortrag ueber das Lukio, ich verstand natuerlich ALLES ;)
Die Direktorin lief schon um vier mit rosa, plueschigen Schweinchen-Hausschuhen herum, ich habe sie am nächsten Morgen gefragt, ob ich ein Bild davon machen kann, ich durfte! (ich habe das Bild mit einer analogen Kamera gemacht und kann es leider nicht hochladen)
Doch dann spielten wir Volleyball und je länger der Abend wurde desto lustiger wurden die Leute und die Atmosphäre. Wir hatten ein Tischtennisturnier geplant, bei dem meine grosse Schwester gewann (gegen mich :D) und als es dunkel war, machten wir draussen ein kleines Feuer und haben Pfannkuchen und Wuerste gegessen (das ist die finnische Alternative zu Stockbrot).
Am lustigsten war es, als auch die Lehrer mit Volleyball gespielt haben, einige waren wirklich sehr engagiert.
Um zwei Uhr nachts sind die meisten dann ins Bett gegangen, ich habe in meinem Matheklassenraum geschlafen... es war schon ein bisschen komisch (ich fand am komischsten, als ich mir die Zähne an den Waschbecken im Flur geputzt habe... putzt euch mal die Zähne in der Schule, das ist ja sowas von ulkig :D).
Natuerlich sind wir nicht sofort eingeschlafen, sondern haben noch LAAAAANGE geredet. Insgesamt habe ich drei oder vier Stunden geschlafen, einige haben sogar die ganze nacht durchgemacht.
Am Morgen war eigentlich Fruehsport mit der Direktorin angesagt, aber ich glaube, keiner hatte Lust, um sechs aufzustehen.
Direkt nach dem Fruehstueck sind auch schon die Busse abgefahren und ich war froh, dass mein Schulweg so lang ist.
Noch eine Sache: die Leute, die nicht da waren, mussten einen vierseitigen Aufsatz schreiben (ueber den Einfluss der Gesellschaft auf Jungendliche oder so...?)... so kann man das mehr oder wenige freiwillige Kommen auch erzwingen, haha :D